Die Forschung und Wissenschaft über Meditation liegt noch in den Kinderschuhen. Dennoch gibt es immer wieder Veröffentlichungen aus der Neurowissenschaft, die bestätigen was Mönche seit Jahrtausenden erfahren. Meditation hat messbare Einflüsse auf unser Gehirn, unser Verhalten und unsere Emotionen.
Meditation verändert unser Gehirn. Es wird von Namhaften Forschungseinrichtungen und Universitäten erforscht. Hunderte Studien versprechen unglaubliche Ergebnisse. Fast zu schön um wahr zu sein?
Wir wollen der Forschung mal auf den Grund gehen und kritisch beleuchten, was die Ergebnisse der Wissenschaft über Meditation aussagen. Ich fokussiere mich dabei auf die Forschung über Formen der Achtsamkeitsmeditation.
Herausforderungen der Meditationsforschung
In der Meditationsforschung arbeit man hauptsächlich mit Studien. Hier werden Einflüsse der Meditation untersucht. Dabei schaut man sich einmal Menschen an die meditieren (Versuchsgruppe) und vergleicht die Ergebnisse mit den Beobachtungen über Menschen die nicht meditieren (Kontrollgruppe). Die Gruppe an Menschen, die nicht meditiert nennt man Kontrollgruppe. Man kontrolliert damit, dass die Ergebnisse auch etwas mit der Meditation zu tun haben.
Querschnittsstudien – Cross-sectional Design
In Querschnittsstudien werden Daten der Versuchsgruppe mit den Daten der Kontrollgruppe zu einem bestimmten Zeitpunkt verglichen.
Das Problem von Querschnittsstudien ist die Frage bezüglich der Kausalität der Ergebnisse. Ein Beispiel: Es wird herausgefunden, dass Menschen die meditieren (Versuchsgruppe) ein größeren Präfrontalen Kortex als Menschen die nicht meditieren haben (Kontrollgruppe). Selbst mit sehr deutlichen Ergebnissen kann jetzt nicht behauptet werden, dass Meditation den Präfrontalen Kortex vergrößert. Es könnte nämlich genauso sein, dass Menschen mit großem Präfrontalen Kortex überhaupt sich nur für Meditation interessieren.
Querschnittsstudien untersuchen häufig Ergebnisse in denen Mönche mit nicht meditierenden Menschen verglichen werden. Während die Studie selbst häufig keinen direkten kausalen Zusammenhang behauptet, wird dieser häufig dann von dritten Quellen propagiert und erreicht anschließend in Form von Schlagzeilen wie: „Meditation vergrößert dein Gehirn!“ die Menschen. Die Aussage kann natürlich richtig sein. Mit der Studie aus unserem Beispiel lässt sich diese Schlussfolgerung aber nicht ziehen.
Querschnittsstudien sind relativ einfach durchzuführen und werden daher häufig verwendet. Da die Nachteile aber bekannt sind, werden zunehmend Langzeitstudien (Verlaufsstudien) durchgeführt.
Langzeitstudien – Longitudinal-study Design
In Langzeitstudien werden Daten von einer Versuchsgruppe mit Daten von einer Kontrollgruppe über einen gewissen Zeitverlauf an mehreren Zeitpunkten verglichen. Die Zuteilung in Versuch- und Kontrollgruppe erfolgt zufällig.
Bei Langzeitstudien in der Meditationsforschung wählt man zufällig Menschen aus und teilt sie zufällig der Versuchs- oder der Kontrollgruppe zu. Den Teilnehmern der Versuchsgruppe wird dann über einen Zeitraum von meistens einigen Wochen Meditation vermittelt. Die Kontrollgruppe darf in der gleichen Zeit nicht meditieren. Während dieser Zeit werden regelmäßig Untersuchungen gemacht, um die Veränderung der zwei Gruppen zu dokumentieren.
Problematisch an diesem Vorgehen ist, dass meistens die Effekte von Meditationsanfängern untersucht werden. Manchmal werden nur die ersten Meditationstage untersucht. Manchmal werden die Anfänger über mehrere Monate begleitet. Längere Studien über Jahre gibt es bisher nicht. Das liegt zum einen an den Kosten, zum anderen, dass Studienteilnehmer aufhören zu meditieren und damit als Datenreihe aus der Studie rausfallen.
Anzahl der Studienteilnehmer
Eigentlich ist es ganz einfach. Je mehr Studienteilnehmer, desto eher lassen sich Zufälle oder Nebeneffekte ausschließen. Gleichzeitig gilt aber auch, je mehr Teilnehmer untersucht werden, desto teurer und aufwendiger wird die Studie.
In der Meditationsforschung weisen die meisten Studien eine Teilnehmerzahl von 10 bis 35 Teilnehmern je Gruppe. Also z.B. 35 in der Kontrollgruppe und 35 in der Versuchsgruppe.
Die Effekte der Meditation zuordnen
Um gemessene Effekte der Versuchsgruppe eindeutig der Meditation zuzuschreiben, bedient die Wissenschaft sich Kontrollgruppen. In der Theorie sollte der einzige Unterschied zwischen Versuchs- und Kontrollgruppe die Meditation an sich sein. Doch was gehört eigentlich zur Meditation dazu?
Um auszuschließen, dass die positiven Effekte der Versuchsgruppe nicht durch das Sitzen auf Meditationskissen, oder durch die Stimme der Meditationslehrerin ausgelöst wurden, gibt es in der Forschung die sogenannte Sham-Meditation.
Wird in der Wissenschaft die Sham-Meditation angewendet, dann wissen die Teilnehmer nicht, ob sie in der Kontroll- oder Versuchsgruppe sind. Beide durchlaufen einen Meditationskurs beim gleichen Meditationslehrer. Der Unterschied. Während die Versuchsgruppe normale Achtsamkeitsübungen durchlaufen, wird der Kontrollgruppe nur etwas vorgegaukelt. Die Teilnehmer sitzen zwar auf Meditationskissen in einer Meditationshalle, atmen ruhig und sind entspannt. Machen aber keine Übungen. Der Meditationslehrer erzählt hier quasi Quatsch.
Optimaler weise können bei diesen Studien sogar Placebo Effekte ausgeschlossen werden. Diese sollten nämlich, wenn bei beiden Gruppen auftauchen.
Werden Versuchs- und Kontrollgruppe zu unterschiedlich behandelt können sich zusätzlich Umstellungen im Alltagsablauf oder der Ernährung zeigen. Es wird dann schwierig gewonnene Erkenntnisse direkt der Meditation zuzuordnen.
Wie werden die Effekte gemessen?
In der Meditationsforschung und vor allem Teilbereich der Neurowissenschaft werden die Effekte der Meditation mithilfe der Magnetresonanztomografie (MRT) gemessen. Man vergleicht also die Aufnahmen von Gehirnen zwischen Versuchsgruppe und Kontrollgruppe.
Die hauptsächliche Herausforderung ist der Zeitpunkt der Messung. Die MRT-Messung benötigt teure, schwere Apparaturen, die nicht wirklich mobil sind. Die Messungen finden daher nicht während der Meditation, sondern teils zu willkürlichen Zeitpunkten statt.
In anderen Zweigen der Meditationswissenschaften, werden Messpunkte durch Fragebögen, oder Tests erhoben. Die Ergebnisse sind damit selbst bezogen und können subjektiv ausfallen.
Meditation verändert unser Gehirn
Dutzende Studien von namhaften Universitäten und Forschungseinrichtungen können studienübergreifend bestätigen, dass sich das Gehirn durch Meditation verändert. Drei Bereiche im Gehirn sind dabei besonders auffällig.
- Caudatus
- Entorhinalen Kortex
- Mediale Präfrontale Kortex
Neben den gemeinsamen Ergebnissen findet man auch immer wieder Abweichungen. Weitere 8 Gehirnregionen zeigen Veränderung in Studien zu unterschiedlichen Meditationsformen.
Dass sich das Gehirn in so vielen Bereichen verändert, überrascht die Wissenschaftler nicht. Meditation beansprucht viele mentale Funktionen und in den verschiedenen Forschungsprojekten werden unterschiedliche Formen der Achtsamkeitsmeditation betrachtet (z.B. Vipassana, Zen, MBSR, IBMT, MBI, Entspannungsübungen). Außerdem werden zum Teil Meditationsanfänger, zum Teil Meditationsfortgeschrittene untersucht.
Was wird gemessen?
Je nach Forschungseinrichtung und wissenschaftlicher Studie werden Veränderung mit unterschiedlichen Methoden gemessen. Die gängigste Art ist die Masse und Dichte der grauen Substanz zu messen. In der grauen Substanz werden alle Signale verarbeitet, wenn wir etwas empfinden (z.B. durch Sehen, Hören, Schmecken oder Fühlen).
Neben der grauen Substanz werden je nach Methode außerdem gemessen:
- Kortikale Dicke (cortical thickness)
- Fraktionelle Anisotropie (fractional anisotropy)
- Axial und Radial Diffusivity
Was bewirkt die Veränderung im Gehirn?
Diese Frage lässt die Meditationsforschung bisher leider unbeantwortet. Die Wissenschaft ist aber dran es zu beantworten. Theorien gibt es schon, aber noch keine nachweisbaren Ergebnisse. Das Ziel der Forscher ist herauszufinden welche Veränderung im Gehirn welche Verhaltens- oder Emotionsveränderung der Meditierenden beeinflusst.
Zum Thema Stressabbau ist die Forschung dagegen schon weiter. Hier wurde schon lange geforscht. Man weiß mittlerweile welche Bereiche für Stress und Stressabbau verantwortlich sind. Wenn hier ein nachweislicher Zellabbau im Gehirn stattfindet, und die Hirnmasse dort zunimmt, wo Stress reduziert wird, lassen sich direkte Wirkung vom Gehirn auf den Körper formulieren.
Fazit über Meditationswissenschaften
Es gibt sehr viele Veröffentlichungen im Bereich der Meditationsforschung. Die Ergebnisse werden häufig euphorisch in die Welt getragen. Man sollte die Ergebnisse aber mit Vorsicht genießen. Nicht alles was veröffentlicht wurde, kann auch repliziert werden.
Einige Ergebnisse, die die Forschung liefert können mit aktuellen Modellen noch nicht erklärt werden. Das bedeutet es bleibt auch in Zukunft spannend und das Thema Meditation wird die Forschung noch lange begleiten.
Alle Ergebnisse, die die Forschung zutage bringt, sind durchweg positiv. Die angesprochenen Herausforderungen sind in jedem Forschungsbereich vorhanden und wiegen meiner Meinung nach nicht sehr schwer.
Meine persönliche Meinung: Wer meditiert riskiert nichts und hat das Potenzial, sein Gehirn nachhaltig zu transformieren. Ich denke, es auszuprobieren lohnt sich.
Axel Grünert
autor bei dickerbuddha
Axel meditiert seit 2010 mal mehr, mal weniger. Achtsamkeit ist für ihn nicht nur die Meditation, sondern eine Lebenseinstellung.