Ein paar kritische Gedanken zur Achtsamkeit

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Der Begriff der Achtsamkeit hat es in den letzten Jahren als Schlagwort die breite Masse erreicht. Jeder Ratgeber empfiehlt es, jede Zeitschrift schreibt darüber. Auch hier auf DickerBuddha dreht sich ein großer Teil des Inhalts um Achtsamkeit. Zeit der Frage auf den Grund zu gehen: Was ist Achtsamkeit eigentlich genau? Es ist etwas Schönes und Mächtiges, ein Werkzeug um mehr im Moment, glücklich und fokussiert zu sein. Klingt das nicht zu schön, um wahr zu sein?

Bei all den Erfolgsversprechen, die es zum Thema gibt, lässt man gerne mal den nötigen Aufwand außer Acht. Ich hoffe mit diesem Artikel schaffe ich es ein bisschen vollständigeres Bild zu zeichnen, als was im Internet so kursiert.

Dich in Achtsamkeit zu üben ist schwierig und unbequem

Machen wir uns nichts vor. Während du dich in Achtsamkeit übst, kann es schnell anfangen in dir zu kribbeln. Du möchtest aufstehen, du möchtest etwas planen, du willst deine Gedanken niederschreiben, dem Problem auf der Arbeit nachjagen, Dinge googlen, die dich noch nie so sehr interessiert haben wie jetzt.

Im Stillen und gegenwärtigen zu sitzen und zu meditieren kann sich zudem langweilig anfühlen. Du wirst dich gedrängt fühlen abzubrechen und etwas anderes zu tun. Das sind ganz normale Gewohnheiten, die wir in uns tragen. Dem nicht zu folgen ist unbequem. Es ist leichter in bekannten Mustern zu bleiben.

Dich in Achtsamkeit zu üben ist auf keinen Fall leicht. Und genau deswegen ist es etwas, dass jeder üben muss. Aber aus dem gleichen Grund ist Achtsamkeit so mächtig. Wir können es schaffen alte Muster abzulegen.

Dich in Achtsamkeit zu üben ist auf keinen Fall leicht. Und genau deswegen ist es etwas, dass jeder üben muss. Aber aus dem gleichen Grund ist Achtsamkeit so mächtig. Wir können es schaffen alte Muster abzulegen.

Dich in Achtsamkeit zu üben kann chaotisch sein

Du beginnst dir eine Meditationsroutine aufzubauen und es gelingt dir auch wirklich gut die ersten Tage. Es fühlt sich gut an, du machst Fortschritt. Dann kommt eine Unterbrechung und du wirst aus dem Rhythmus geworfen. Du prokrastinierst den Neuanfang. Du fühlst dich schlecht, weil du dir schon wieder keine Zeit zum Meditieren nimmst. Irgendwann kommt der Impuls und du meditierst wieder regelmäßig, aber du hast Mühe die Achtsamkeit im Alltag zu spüren. Die Phasen wo es besser läuft wechseln sich mit Phasen ab, in denen es schlechter läuft. Der Fortschritt ist nicht reibungslos.

Achtsamkeit ist chaotisch, genau wie das Leben selbst. Und auch das ist Teil der Achtsamkeitspraxis. Wir können lernen uns der Unordnung des Lebens zu öffnen und sie zu akzeptieren. Übung macht den Meister.

Achtsamkeit erfordert sehr viel praktische Übung

Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit wirst du bei deiner ersten Achtsamkeitsmeditation (oder jeder anderen Achtsamkeitspraxis) nicht gerade glänzen. Du wirst vielleicht das Gefühl haben es nicht „richtigzumachen“. Aber mach dir keine Sorgen. „Richtig“ wirst du es wahrscheinlich nie beherrschen und das ist auch völlig in Ordnung. Es ist das stetige Üben, was die Achtsamkeit ausmacht. 

Sei dir von Anfang an bewusst, Achtsamkeit bedeutet einfach immer wieder zu üben, üben, üben. Bist du dafür bereit?

Du wirst glauben, dass du etwas falsch machst

Ein großes Problem mit Meditation und anderen Achtsamkeitsübungen ist die Erwartungshaltung der Menschen, die sie praktizieren. Das menschliche Verlangen, das man etwas richtig machen möchte und das unangenehme Gefühl der Ungewissheit, weil man kein messbares Feedback über seine Leistung erhält. Die Vorstellung, dass man akzeptiert, dass man sich nie ganz sicher mit etwas ist, muss man erst lernen. Wie im wahren Leben, wirst du Ausreden finden. Du solltest aber versuchen diese Unsicherheit als einen grundlegenden Teil des Lebens akzeptieren, und sich ihr öffnen.

Versuche dich mit der Unsicherheit anzufreunden.

Achtsamkeit kann dir den Boden unter den Füßen wegreißen

Du hast im Internet über Achtsamkeitsmeditation gelesen und es ausprobiert. Du hast es ein paar Monate praktiziert und das Gefühl bekommen, den Bogen raus zu haben. Dann stolperst du über ein Buch oder Vortrag, wo dir etwas über Meditation erklärt wird, was deine bisherigen Denkansätze auf den Kopf stellen. Dies kann immer wieder passieren. Achtsamkeit kann man zwar versuchen zu erklären, wirkliche Achtsamkeit erlangt man aber nur durch selbstständige Meditation. Niemand kann den Weg für dich gehen. Das erfordert auch mal Rückschläge, die dich aus dem Gleichgewicht bringen. Das kann sehr unangenehm sein. 

Auf der anderen Seite ist das Gefühl auf festem Boden zu stehen selbst nur eine Illusion und der Umgang mit der Situation des Nichtwissens eine sehr starke Übung.

Du wirst denken, andere sollten sich mehr in Achtsamkeit üben

Sobald du selbst gelernt hast achtsam zu sein und dir deiner Gewohnheiten und Gedanken immer bewusster wirst, sobald du öfter deine Aufmerksamkeit auf das Hier und Jetzt richtest, wirst du merken, wie viele andere Menschen um dich herum nicht achtsam sind. Du wirst denken, sie sollten ihre Smartphones weglegen und präsenter sein. Du glaubst zu wissen, wie andere achtsam sein sollten.

Doch dann wirst du erkennen, dass das Beurteilen anderer und das Denken es besser zu wissen nur ein Denkmuster deines Verstandes ist, und dass dir mit diesen Vorwürfen die Kontrolle über deine Gedanken entglitten ist. Aber mit der Zeit wirst du auch lernen das loszulassen.

Dieser Umgang erfordert mehr als nur Achtsamkeit. Du wirst erkennen, dass Achtsamkeit allein nicht die Antwort auf alles ist. Sie löst nicht auf magische Weise irgendwelche Probleme. 

Achtsamkeit ist eine wunderbare, praktische Übung, die dir Bewusstheit über dein Leben gibt. Aber manchmal besteht diese Bewusstheit aus schlechten Dingen und harten Gedanken über dich und andere.

Achtsamkeit fühlt sich nicht immer gut an

Und es löst auch nicht alle Probleme. Achtsamkeit ist nur ein Teil des Weges. Es ist auch erforderlich, dass du Mitgefühl für dich und andere hast und entwickelst. Es erfordert Verletzlichkeit und die Fähigkeit dein Herz zu öffnen. Es erfordert Ehrlichkeit und die Bereitschaft sich den Dingen zu stellen. Es erfordert die Bereitschaft Dinge so zu akzeptieren und zu lieben wie sie sind, ohne die Kontrolle darüber zu haben. Es erfordert Gedanken loszulassen über was du haben solltest oder nicht haben solltest. Es erfordert neugierig und offen zu sein und zu akzeptieren, dass man unwissend ist.

Achtsamkeit anzustreben erfordert viel Mut. Ich selbst lerne auf dieser Reise immer wieder dazu. Ich hoffe, du konntest von diesem Artikel auch etwas mitnehmen und ich konnte dir den einen oder anderen Denkanstoß geben. Falls dir das Thema Achtsamkeit neu ist, dann schau doch hier vorbei:

Axel-Autor-DickerBuddha

Axel Grünert

autor bei dickerbuddha

Axel meditiert seit 2010 mal mehr, mal weniger. Achtsamkeit ist für ihn nicht nur die Meditation, sondern eine Lebenseinstellung.